Wie hat sich die Ernährung in den letzten 200 Jahren verändert?
Die Frage, wie sich unsere Vorfahren ernährt und wie wir uns evolutionär entwickelt haben, kann uns helfen einzuschätzen, an welche Ernährungsweisen sich unser Körper angepasst hat. Sehr spannend ist jedoch auch der Blick auf einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum, auf die letzten 200 Jahre unserer Geschichte. Spannend deshalb, weil sich unsere Ernährungsweise in den letzten 6-7 Generationen radikal verändert hat – und leider nicht zum Besten, hier ein paar Beispiele:
- Vor 200.000
begann unser menschliches Dasein und war geprägt von hoher körperlicher Aktivität. Wir waren deshalb immer auf eine maximal energiereiche Ernährung, also möglichst viele Kalorien, aus. Damals konnte ja keiner so genau vorhersagen, wann es das nächste Mal etwas zwischen die Kauleisten gab. Und dieses Bedürfnis nach möglichst fetter und süßer Nahrung ist uns leider geblieben – mit dem Unterschied, dass wir die Kalorien heute im Alltag nicht mehr loswerden.
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- Vor 200 Jahren
lag der Anteil des genutzten Vollkornmehls noch bei nahezu 100 %. Heute sind es nur noch lediglich etwa 10 %. Wie oft in der Geschichte trat durch einen dummen Umstand das Weißmehl seinen Siegeszug an: die Randschichten des vollen (Getreide-)korns sind nicht nur nährstoffreicher, sondern auch leichter verderblich. Im Zuge der Industrialisierung wurden diese Teile des Korns entfernt und die Haltbarkeit verlängert. Da dies zur damaligen Zeit ein aufwändiges Unterfangen war, wurden diese nährstoffarmen Auszugsmehle sogar teurer verkauft und entwickelte sich zum Statussymbol, weil es sich nur bestimmte Bevölkerungsschichten leisten konnten.
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- Vor 100 Jahren
hatte die Lebensmittelverarbeitung noch das vornehmliche Ziel, die Lebensmittel haltbarer zu machen, heute geht es der Lebensmittelindustrie primär darum, ihre Produkte schmackhafter und attraktiver für den Kunden zu gestalten. Und jetzt halt dich fest: dabei wird eben genau diese evolutionär bedingten Vorlieben des Menschen, für bestimme Geschmacksrichtungen, insbesondere für süße und fettreiche Nahrung, ausgenutzt, um zusammen mit Aromen, Zusatz- und Konservierungsstoffen maximalen Umsatz zu machen.
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- Vor 50 Jahren
war es eben noch der berühmte Sonntagsbraten, der einen großen Teil des wöchentlichen Fleischverzehrs ausmachte. Seither ist der Fleischverbrauch um unglaubliche 70% angestiegen und mit ihm auch der Verzehr von deutlich mehr tierischen Proteinen und damit auch gesättigten Fettsäuren und Cholesterin. Parallel stieg der Grad der Verarbeitung und unserer Nahrung wurden stetig mehr Speisefette, Zucker, Süßstoffe und Aromen untergejubelt, um mit einem vollendeten Marketing unseren Fokus auf Genuss, Aussehen und Textur bei den Lebensmitteln zu leiten.
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- Heute
haben wir nun das Ergebnis einer Entwicklung, der selbst die engagierteste Evolution nichts entgegen zu setzen hat, weil unser Körper so eine gravierende Veränderung in der kurzen Zeit physiologisch nicht kompensieren kann: wir essen im Durchschnitt heute zu energiereich, arm an Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen, oft zu wenige, essentielle Mikronährstoffe (Vitamine und Mineralien) und eine zu geringe Vielfalt an pflanzlichen Lebensmitteln (z.B. weniger Hülsenfrüchte).
Diese Entwicklung führte uns zu einer „hochkalorischen“, aber mikronährstoffarmen Ernährung, die die Entstehung von Übergewicht und chronischen, ernährungsassoziierten Erkrankungen begünstigt, die uns scheinbar pandemieartig überrollen. Zu den bekanntesten und vermeidbaren Krankheiten gehören: Adipositas, erhöhte Blutfettwerte, diverse Herz- und Gefäßkrankheiten inklusive Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, Osteoporose, Gicht, Leberzirrhose, Karies, Nahrungsintoleranzen, Nahrungsallergien, bestimmte Krebserkrankungen sowie rheumatoide Arthritis.